Förderungskultur
Adaptierungen im Förderungswesen
Der Themenkomplex Förderungswesen ist zentral, weil sich sämtliche Arbeitsfelder nur so gut entwickeln können, wie sie finanziert sind und sich alles grundlegend über eine faire und transparente Förderungslandschaft definiert. Die Rahmenbedingungen lassen sich durch
Synergien zwischen den unterschiedlichen Kulturbereichen und zwischen Kultur und anderen politischen Ressorts sowie gesellschaftlichen Feldern verbessern.
Es gibt zwischen den fünf Themenkomplexen keine prioritäre Reihung. Es wird festgehalten, dass es vielmehr eine gleichzeitige Bearbeitung und Entwicklung aller Themenkomplexe zu- und miteinander braucht.
Fokusgruppe Fair Pay
Die bereits eingesetzte Fokusgruppe zum Thema Fair Pay wurde seit Anfang des Prozesses übergreifend zwischen Stadt Graz und Land Steiermark installiert und konnte durch umfassende Beteiligung der Szene an der Erhebung und in Zusammenarbeit mit der Statistik Steiermark den aktuellen Fair-Pay-Gap ermitteln. Dieser dient in statistischer Auswertung als Grundlage für eine politische Strategie und entsprechende Entscheidungen für den Fair-Pay-Strategie-Prozess der nächsten Jahre in Abstimmung zwischen den Körperschaften. Damit wird ein wesentliches Kapitel der Förderungskultur behandelt. Von Februar bis April 2023 wurden alle Akteur:innen aus dem breiten Kulturfeld eingeladen, den in der Fokusgruppe Fair Pay akribisch vorbereiteten Erhebungsbogen zu beantworten. Dabei ist durch die Expertise der sich beteiligenden Förderungsnehmer:innen einmal mehr klar geworden, dass das gesamte Förderungswesen zusammenhängt.
Es wurde mehrmals die prekäre Grundsituation sehr vieler Kunst- und Kulturakteur:innen thematisiert, mit der klaren Forderung nach mehr Budget für Kunst und Kultur. Zugleich wurde der Begriff der Ehrenamtlichkeit in den Blick genommen. Die Fokusgruppe wurde mit der Vorbereitung des Fragebogens und zur Unterstützung bei der Durchführung der Fair-Pay-Erhebung sowie daraus abgeleiteter Empfehlungen beauftragt, nicht aber zur Erarbeitung eines Konzeptes zur Schließung des Gaps. Dies liegt in der Zuständigkeit und Verantwortung der Politik. Es wird ein Weg in mehreren Etappen über Jahre sein. Jede Fair-Pay-Maßnahme hat Auswirkungen auf das zugrundeliegende Förderungswesen und umgekehrt. Ein wesentliches Thema in den Regionalkonferenzen, bei den Reflexionstreffen und auch bei den Fair-Pay-Veranstaltungen war der Wunsch nach breiter Förderungsmöglichkeit wie etwa für Newcomer:innen, Experimente, Menschen mit Migrationsgeschichte, Kooperationen etc. Der Bedarf und die Erkenntnis, welche Projekte notwendig sind, hängt maßgeblich von der vielfältigen Kunst- und Kulturlandschaft ab, die sich über Jahre entwickelt hat, und aus deren Kenntnis der aktuellen und zukunftsweisenden Themen sowie der sich verändernden Produktionsbedingungen. Diese Bezogenheiten müssen gepflegt werden. Dafür braucht es ein politisches Bekenntnis zu einer freien Kunst- und Kulturlandschaft, die die Gesellschaft voranbringen kann und durch entsprechende Kriterien und Förderungsgremien bestmöglich entwickelt werden soll. Das gesamte Kulturfeld darf nicht parteipolitisch oder ideologisch vereinnahmt werden. Dabei sind grundlegende vertragliche Verankerungen von Inflationsanpassungen/Valorisierungen, wie sie bei manchen Beteiligungen von Stadt und Land bereits vorliegen und in anderen Arbeitsfeldern selbstverständlich sind, und die Bereitstellung von mehr finanziellen Mitteln zum Schließen des erhobenen Fair-Pay-Gaps unerlässlich. Eine wichtige Erkenntnis ist, dass nicht nur Löhne und Honorare im Rahmen des Fair-Pay-Prozesses, sondern auch die Gesamtbudgets der Initiativen kontinuierlich steigen müssen, um auch bessere Bezahlung für künstlerische Arbeit zu ermöglichen.
Fokusgruppe Förderungskultur
Innerhalb der zentralen Förderungsstruktur ist es wichtig, alle Rollen genau zu definieren und miteinander in Verbindung zu bringen: Politik, Verwaltung, Beiräte, Interessensvertretungen, Beteiligungen, Kunst- und Kulturakteur:innen, Medien, Publikum und Öffentlichkeit. Wie sind die Abläufe? Wie greifen die Systeme verbindlich ineinander? Wie sieht ein entsprechendes Organigramm aus? Es wird eine Fokusgruppe Förderungskultur empfohlen. Diese sollte auch die Erkenntnisse der Fokusgruppe Fair Pay aufnehmen, verarbeiten und weiterentwickeln.
Grundlegend
Es gibt einen Bedarf an mehr Budget, um die prekären Arbeitsbedingungen nachhaltig zu überwinden und Gerechtigkeit zwischen den Akteur:innen herzustellen. Das gilt nicht nur innerhalb der Landschaft der Kunst- und Kulturakteur:innen, sondern auch in Richtung Verwaltung und Politik. Es geht um das gesamtgesellschaftliche Thema sozialer Gerechtigkeit, das naturgemäß nicht durch Kulturpolitik grundsätzlich gelöst, aber jedenfalls diskutiert werden kann. Ein Aspekt davon ist auch die Debatte um freiwilliges und unfreiwilliges Ehrenamt.
Exzellenz und ein breiter künstlerischer und kultureller Zugang müssen gleichermaßen gefördert werden. Das gelingt nur durch politische Gestaltungssicherheit und gute Kenntnis der aktuellen internationalen Kunst- und Kultur-Diskurse sowie lebendiger gesellschaftsbildender kultureller Prozesse. Die großen Festivals spielen dabei eine relevante verbindende Rolle, um gemeinsame Projekte in den Regionen zu forcieren und (mit)zufinanzieren. Die Festivals sollten daher innerhalb der Förderungskultur spezifisch in den Blick genommen werden. Wie stehen sie inhaltlich und strukturell zueinander? Wie sehen Abstimmungen zwischen „Großen" und „Kleinen" aus? Was sind ihre spezifischen Rollen innerhalb der Regionen? Es wird eine Chance geortet, an die STEIERMARK SCHAU regional anzudocken und/oder ein regionales Festival zu entwickeln, etwa in Anlehnung an die positiv rezipierte „regionale". Zugleich kann die Internationalisierung durch spezifische EU-Förderungsprogramme zur Stärkung der Regionen vorangetrieben werden. Grundlegende Fragen in der Ausbildung sind zu beantworten, etwa nach der Quote verschiedener Arbeitsplätze im kulturellen Feld.
Wie viele Arbeitsplätze gibt es in der Kultur im Vergleich zu den Ausbildungsplätzen? Wie wird in Ausbildungsstätten auf die Lebensrealitäten hinsichtlich Selbstständigkeit oder Lohnarbeit, Versicherungen oder Altersvorsorge vorbereitet? Wie kann das Förderungssystem Professionalisierungsschritte angemessen begleiten?
Wie kann durch das Förderungswesen auf die Gestaltung einer diversen, vielfältigen kulturellen Zukunft eingewirkt werden? Wie können Bedingungen mit gleichzeitiger Stärkung internationalen Austauschs, Sichtbarkeit und Wirkung hergestellt werden?
Eine grundlegende Transparenz- und Fairnessbewegung im Laufe der Debatten wird erhofft. Modelle wie Stipendienprogramme als temporäre Lebensgrundlage bis hin zu neuen Gesellschaftsmodellen über die „Arbeit von morgen" sind zu diskutieren.
Die unterschiedlichen Bedingungen zwischen urbanem und nicht urbanem Handlungsfeld gehören berücksichtigt, ebenso wie die damit zusammenhängende Klärung zwischen den Begrifflichkeiten des freiwilligen und des unfreiwilligen Ehrenamtes. Die Sorge um den Verlust der Bereitschaft von Menschen, ehrenamtlich einen Teil am gesellschaftlichen Leben beizutragen, ist ebenso zu besprechen wie entsprechende Anreize dafür. Schließlich wurde in den Diskussionen Potenzial im Kultursponsoring geortet, das durch Kontakte von Kunst und Kultur mit Wirtschaft und Industrie gehoben werden kann.
Kontinuierlicher Austausch
Im Prozess der Regionalkonferenzen ist der Austausch zwischen Verwaltungsebene und Kunst- und Kulturlandschaft nach anfänglichen punktuellen Vorbehalten gut gelungen. Diese Verwebung sollte breiter stattfinden, sie braucht Zeit und entsprechende Formate, um langfristig Vertrauen herzustellen. Alle Mitarbeiter*innen auf Verwaltungsebene sollten in den Prozess eingebunden bleiben. Als praktikables Format können regelmäßige Jour-fixes dienen. Das gilt vor allem für die Umsetzungsphase der Jahre nach der Beschlussfassung im Juni 2023.
Es sollte auf Landesebene ein System etabliert werden, das es den Referent*innen des Kulturressorts ermöglicht, zahlreiche Veranstaltungen in der gesamten Steiermark zu besuchen. Auch dafür braucht es ein gemeinschaftliches Austauschformat. In den Diskussionen zeigte sich, dass viele Akteur*innen einen Mangel an Wertschätzung vonseitens der Politik und Verwaltung empfinden. Dieser Wahrnehmung könnte durch die genannten Maßnahmen glaubhaft und wirkungsvoll entgegengewirkt werden.
Es müssen die Schnittstellen zwischen Verantwortlichkeiten bzw. Übergaben zwischen Beiratssystemen und Verwaltungsebene geklärt werden. Wer ist wann bis wohin und wofür zuständig? Empfohlen wird des Weiteren ein regelmäßiger Austausch zwischen politischer/m Kulturreferentin/en und beratenden Gremien. Die Systeme dürfen sich (auch öffentlich) nicht gegeneinander ausspielen lassen. Dies wird allerdings gegenwärtig von mehreren Seiten befunden.